Geschichte - Gasthof Im Kohl Neuenrade Hotel Restaurant

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Zur Geschichte des Gasthofes Im Kohl
Dr. Rolf-Dieter Kohl, Neuenrader Stadtarchivar

Die  historische Gaststätte “Im Kohl” gehörte viele Jahrzehnte zu den   bekanntesten und beliebtesten Gasthäusern in Neuenrade. Die in einem   stattlichen Fachwerkbau untergebrachte Wirtschaft und Herberge befindet   sich nicht in der einst von Stadtmauern und Wassergräben umgebenen  Altstadt, sondern östlich davon, in der heutigen Bahnhofstraße, die   noch im frühen 19. Jahrhundert zur Feldmark des Ortes gehörte und  nahezu unbebaut war. Das unter Denkmalschutz stehende giebelständige Gebäude  hat einen  fast quadratischen Grundriss und steht etwas zurückgesetzt an  der Bahnhofstraße (Hausnummer 5). Das zweigeschossige Haus besitzt  jeweils drei Fensterachsen. Die Ostseite ist massiv unterfahren, die  Westseite  ist vollständig massiv gemauert. Das pfannengedeckte Dach ist  als  Krüppelwalm gestaltet. Im Inneren erschließt ein in Firstrichtung   gelegener Durchgangsflur das gesamte Gebäude, rechts und links liegen   die Gasträume. Die Küche befand sich nach Lage des älteren Kamins in  der nordöstlichen Ecke des Hauses. Eine gerade laufende  Treppe führte  zu  den Gast- und Wohnräumen (aus dem Gutachten des westfälischen Amtes für Denkmalpflege) . Das genaue Alter des Fachwerkhauses ist - mangels  fehlender Unterlagen - nicht bekannt. Die Fassade dürfte - nach dem  baugeschichtlichen Befund -  um 1820 errichtet worden sein. Die massiven  Teile, insbesondere die  steinerne Westseite, könnten von einem älteren  Bau aus der zweiten  Hälfte des 18. Jahrhunderts stammen.


Der Gasthof Im Kohl ca. 1910

Die Herkunft des Namens - “Im Kohl” -  ist nicht restlos geklärt.  Nach glaubhafter, mündlicher Überlieferung  soll das alte Gasthaus den  auf dem benachbarten Kohlberg als Köhler  tätigen, d.h., Kohlenmeiler  betreibenden Kleinunternehmern aus Dahle  und Neuenrade als Versammlungslokal und Herberge gedient haben. Noch in  der 1. Hälfte des  19. Jahrhunderts war die Holzkohlengewinnung - auch wenn im 18. Jahrhundert große Teile des Waldes dem Kahlschlag zum Opfer gefallen  waren -  für das heimische Eisengewerbe noch immer unverzichtbar!

Wir wissen nicht genau, wer den Kohl erbaut hat. Da das Haus im Jahre 1831 als  Eigentum der Witwe Diepmann ausgewiesen  ist, kommt als Vorbesitzer und  möglicherweise auch als Bauherr deren 1813 verstorbener Mann Theodor  infrage. Theodor Diepmann (geboren 1732)  zählte gegen Ende des 18. und  zu Beginn des 19. Jahrhunderts zu den  vermögendsten Einwohnern  Neuenrades. Er betrieb eine Lohgerberei,  handelte in großem Stil mit  Manufakturwaren auf den Messen in Frankfurt  a. M, im Elsass, in der  Oberpfalz und in der Schweiz und besaß - nach  einem Bericht des Neuenrader Bürgermeisters Röttger Kohlhage aus dem  Jahre 1810 -  eines der “vorzüglichsten" Handelshäuser der Hönnestadt.  1794 wurde  Diepmanns Vermögen auf 50.000 Reichstaler beziffert, was der   beachtlichen Summe von ca. 500.000 Goldmark entsprach. Ungewöhnlich  groß war auch der Grundbesitz der Familie: Dabei  handelte es sich um nicht  weniger als 13 Häuser, die über die gesamte  Altstadt verstreut waren.  Wie Theodor Diepmann das später “Im Kohl"  genannte Haus zu seinen  Lebzeiten genutzt hat, ist nicht bekannt. Wir  dürfen aber annehmen, dass seine Witwe Maria Elisabeth geb. von der  Crone (1752 - 1839) bzw. deren Erben, zu denen auch der  Bürgermeister Gerhard Diepmann gehörte, das  Haus zwischen 1830 und 1840  verkauft haben und dass dort eine Landgaststätte und ein Ausspann  unter der noch heute bestehenden  Bezeichnung eingerichtet wurde.


Der Gasthof Im Kohl ca. 1920

In den  folgenden Jahrzehnten liegt die Geschichte des Gasthauses im  Dunkeln.  Erst für die Zeit um 1900 liegen wieder Nachrichten vor. Zu  diesem  Zeitpunkt gehörte der Gasthof einer Familie Overbeck, über die  sich  leider nichts Näheres ermitteln ließ. Im Jahre 1908 erwarben der   Schreinermeister Franz Becker (1865 - 1937) und seine Frau Anna Juliane geb. Lindemann (1866 -  1950) die Gastwirtschaft. Franz Becker,  der den Spitznamen  “Fortschrittbecker" trug, stammte aus Balve und hatte dort zuvor ein  kleines Sägewerk im “Krummpaul" betrieben; seine Frau  Anna Juliane war  eine Gastwirtstochter aus Ende/Hochsauerland. Unter der engagierten  Leitung des Ehepaares Becker entwickelte sich der “Kohl" zu einer der  beliebtesten und angesehensten Gaststätten und Herbergen Neuenrades;  der Ausbau der Dahler Straße und der Bau der Hönnetalbahn in den Jahren  1909 bis 1912 ließ die Zahl der Stammgäste und der  Übernachtungen  kräftig ansteigen. Kaum bekannt ist, dass ab 1901 auch  das Büro der  Amtsverwaltung und die Dienstwohnung der Amtmänner August  Seibach (1899  - 1909) und Fritz Kirchhoff (1909 - 1933) im “Kohl"  untergebracht waren. Dieses Mietverhältnis endete erst mit der  Errichtung des Amtshaus-Neubaus,  des heutigen Rathauses, in den Jahren  1913/14.den neun Kindern des  Ehepaares Becker (vier Jungen und fünf  Mädchen) erbte der am 23.  Februar 1907 in Neuenrade geborene Sohn  Theodor das Gasthaus. Er  verehelichte sich am 21.02.1934 mit Thea  Schmidt (1905 - 1967), die aus Neheim stammte. Theodor  Becker und seine  Frau setzten die Gastwirtstradition der Familie mit  Erfolg fort, auch  wenn der bald ausbrechende Zweite Weltkrieg  Entbehrungen mit sich  brachte und zu unbeschwertem Optimismus kein  Anlass bestand. Theodor  Becker, der von noch lebenden Zeitzeugen als  freundlicher und  liebenswerter Charakter geschildert wird, hat den  Krieg nicht überlebt;  als Angehöriger einer Gebirgsjägerdivision fand  er 1945 im Osten den  Soldatentod!


Anna und Franz Becker

Wie  viele junge Frauen und Mütter bei Kriegsende war nun auch Thea  Becker  mit den beiden Söhnen Helmut (geb. 1935) und Theodor (geb. 1942)  auf  sich allein gestellt. Doch Aufgabe und Resignation kamen für sie  nicht  in Betracht. Nach der Währungsreform ging es auch mit dem “Kohl"  wieder  bergauf. Zusammen mit ihrer Schwiegermutter, die allerdings schon 1950  verstarb, sorgte die resolute Wirtin dafür, dass der “Kohl" bald  wieder  zu einer guten Adresse im Neuenrader Gaststättengewerbe wurde.Thea  Becker verpachtete das Gasthaus an den aus Sundern  stammenden Gastwirt Helmut  Löbbecke (geb. 1930), der den “Kohl" bis 1967 bewirtschaftete. Unter  Löbbecke und seiner Frau Klärchen geb. Eigemeier setzte sich der von  Thea Becker eingeleitete Erfolgskurs fort. Die Zahl der fast ständig  belegten Hotelzimmer wurde vermehrt; der Bierausstoß  der beliebten  Gaststätte stieg auf 40 Hektoliter pro Monat, d.h., 130 l  pro Tag, was  650 Gläsern Bier entspricht! 1967 verließ Helmut Löbbecke  den “Kohl",  um das soeben fertiggestellte Hotel-Restaurant  “Kaisergarten" zu übernehmen. Noch im selben Jahr verstarb - völlig  unerwartet -  Thea Becker, die die alte Gaststätte an ihren Sohn Theo  (geb.  22.01.1943) vererbte.Helmut Löbbecke folgten mehrere Pächter, die jedoch  an dessen  erfolgreiches Wirken nicht anknüpfen konnten und jeweils nur  kurze Zeit  den “Kohl" bewirtschafteten. Auf Hermann Riechers folgten  Erich Lübke  (genannt “Totti"), Manfred Bussmann, der die Gaststätte von  Theo Becker  käuflich erwarb, sowie Fred Schulz, der vormalige Wirt des  Werdohler  Schützenhofes und zuletzt ein türkischer Gastwirt. Vor  wenigen Jahren  ging der “Kohl" in das Eigentum der Volksbank über; von  dieser kaufte es der Neuenrader Gastronom und Bauunternehmer Heinz  Friedriszik. Heute  gehört das Gasthaus, das zurzeit aufwendig  instandgesetzt und demnächst  unter fachkundiger Leitung wiedereröffnet  werden soll, seinem Sohn Kai Jens Friedriszik.
Öffnungszeiten:

Restaurant: täglich ab 17:00 Uhr

Check In: täglich ab 11:00 Uhr



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